Wolf von Fabeck

Gewinner und Verlierer: Auswirkungen einer Verlagerung der Abgabenlast von Personal auf Energie auf verschiedene Wirtschaftszweige

(überarbeitet am 20.11.06)

Vorbemerkung: Der Solarenergie-Förderverein Deutschland schlägt vor, die Lohnnebenkosten zu verringern. Dazu soll der bisherige Arbeitgeberanteil für die Sozialversicherung - bundesweit 195 Mrd. Euro - vom Staat übernommen werden. Der Vorschlag besteht aus zwei Teilen, die sich gegenseitig ergänzen: 1. Energiesteuer im gewerblichen Bereich: Zur Finanzierung soll der Staat die Energiesteuer jeweils soweit anheben, dass aus der Besteuerung des gewerblichen Energieverbrauchs jährlich 195 Mrd. Euro zusätzlich eingenommen werden. Diese 195 Mrd. dienen der Finanzierung des bisherigen Arbeitgeberanteils. 2. Energiesteuer und Energiegeld im privaten Bereich: Der private Energieverbrauch soll mit dem selben Steuersatz wie der gewerbliche Energieverbrauch besteuert werden. Da der private Energieverbrauch etwa die Hälfte des gewerblichen Energieverbrauchs beträgt, kommen hier zusätzlich noch einmal 195 / 2 = 97 Mrd. Euro zusammen. Diese sollen zum Ausgleich für die zusätzliche Belastung des nichtgewerblichen Verbrauchs an alle in Deutschland wohnenden Personen ohne Rücksicht auf Alter, Beschäftigungsstand oder Energieverbrauch ausgezahlt werden. Das bedeutet ein "Energiegeld" von 100 Euro pro Person und Monat. Siehe Details unter Reformmodell.

Auswirkungen auf verschiedene Wirtschaftszweige

In der folgenden Tabelle sind die Wirtschaftszweige nach Personal- bzw. Energieintensität geordnet. Die personalintensiven stehen oben, die energieintensiven unten. Bei einer Verlagerung der Abgabenlast vom Produktionsfaktor Arbeit auf den Produktionsfaktor Energie würden die oben stehenden Wirtschaftszweige zu den Gewinnern zählen. Der Wegfall des Arbeitgeberanteils an der Sozialversicherung vermindert die Personalkosten eines Wirtschaftszweiges um ca. 17 Prozent (außertarifliche Zuwendungen sind hierbei nicht berücksichtigt). Die Erhöhung der Energiesteuer um 12 Cent pro Kilowattstunde verteuert seine Energiekosten entsprechend dem Energieverbrauch. Wenn die Einsparung bei den Personalkosten größer ist als die Mehrausgaben für die Energiesteuer, gehört der WZ zu den Gewinnern. Ist sie kleiner, gehört er tendenziell zu den Verlierern.

Die in der folgenden Tabelle links aufgeführte Kennzahl für die Energieintensität ergibt sich, wenn man die Energiesteuererhöhung durch den Betrag der Personalkosteneinsparung dividiert. Je kleiner sie ist, desto günstiger steht der Wirtschaftszweig da. Eine Kennzahl über 1 bedeutet, dass der Vorschlag für ihn nachteilig ist.

Wirtschaftszweige, die zu den Gewinnern zählen, werden wachsen, die Verlierer werden schrumpfen. Da es die energieintensiven Wirtschaftszweige sind, die schrumpfen, und da energieintensive Wirtschaftszweige vergleichsweise nur wenig Personal beschäftigen, wird bei ihrer Verkleinerung verhältnismäßig wenig Personal entlassen. Da es die personalintensiven Wirtschaftszweige sind, die wachsen, werden sie überdurchschnittlich viel Personal einstellen. In der Bilanz wird sich eine Zunahme an Neueinstellungen ergeben. Da in dieser Berechnung Anpassungsmaßnahmen der Wirtschaft nicht berücksichtigt werden können, sind die Ergebnisse nur als Angabe einer Tendenz zu verstehen. Es spricht jedoch einiges dafür, dass die Anpassungsmaßnahmen nichts an dieser positiven Tendenz ändern werden.

Dazu ein Beispiel: Einkauf energieintensiv hergestellter Vorprodukte im Ausland – Auswirkungen der offenen Grenzen: Natürlich werden sich auch die Kosten für den Einkauf der Vorprodukte, im wesentlichen die Materialkosten ändern, denn in ihnen sind ebenfalls Personal- und Energiekosten enthalten. Personalintensiv hergestellte Vorprodukte werden sich verbilligen. Es steht allerdings zu vermuten, dass die Mehrzahl der Vorprodukte energieintensiv hergestellt sind. Energieintensiv hergestellte Vorprodukte werden sich verteuern - das bedeutet jedoch für die weiterverarbeitenden Wirtschaftszweige kein Nachteil, denn die offenen Grenzen erlauben ihnen den Einkauf im Ausland. Der SFV-Vorschlag wird somit auch bei den Zulieferbetrieben absehbar zur Verlagerung energieintensiver Betriebe ins Ausland führen, während personalintensivere Weiterverarbeitungsbetriebe ins Inland verlagert werden. Das Material - insbesondere die Grundstoffe - wird importiert und im Inland durch intelligente Fachkräfte zu hochwertigen Exportgütern verarbeitet. Die offenen Grenzen verstärken die vorhersehbare Tendenz: Im Saldo entstehen im Inland mehr Arbeitsplätze.

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Beispiele für Gewinner und Verlierer bei Verlagerung der Abgabenlast vom Personal auf die Energie

Die Kennzahl für die Energieintensität links ergibt sich aus dem Verhältnis der vorgeschlagenen Energiesteuer zum wegfallenden Arbeitgeberanteil.

Gewinner: Personalintensive Wirtschaftszweige

0.2 Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen
0.3 Maschinenbau
0.3 Medizin-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Optik, Herstellung von Uhren
0.4 Erziehungs- und Unterrichtsdienstleistungen bzw. Bildungswesen
0.4 Herstellung von Geräten der Elektrizitätserzeugung, -verteilung u.ä.
0.5 Sonstiger Fahrzeugbau
0.5 Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen
0.6 Rundfunk-, Fernseh- und Nachrichtentechnik
0.6 Herstellung von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen
0.6 Bekleidungsgewerbe
0.8 Herstellung von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten, Sportgeräten usw.
0.8 Tabakverarbeitung
0.8 Ledergewerbe
0.8 Herstellung von Metallerzeugnissen

Verlierer: Energieintensive Wirtschaftszweige

1.4 Kohlenbergbau, Torfgewinnung
1.7 Textilgewerbe
1.9 Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln ohne Getränke
2.2 Holzgewerbe (ohne Herstellung von Möbeln)
3.5 Recycling, Herstellung von Sekundärrohstoffen
3.5 Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau
5.4 Glasgewerbe, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden
6.2 Bergbau
10.3 Herstellung von Chemischen Erzeugnissen (ohne Pharmazeutische Erzeugnisse)
33.3 Gewinnung von Erdöl/Erdgas, Erbringung damit verbundener Dienstleistungen
43.5 Kokerei, Mineralölverarbeitung, Herstellung von Brutstoffen

Quellen:

Die zugrunde liegenden Daten stammen vom Statistischen Bundesamt und beziehen sich auf das Jahr 2003. Sie sind zu finden unter:

Kleine Ungenauigkeiten der Kennzahl für Energieintensität ergeben sich aus der Tatsache, dass die zugrundeliegenden Daten aus verschiedenen Fachserien stammen, die nicht vollständig miteinander konsistent sind.

Zum Autor: Wolf von Fabeck ist Geschäftsführer des Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV).


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